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kölner sommer



wind schiebt mich durch straßenkanäle

vorbei an eisbechern und mixgetränken

umschiffe luftige tops

und inselbraune rücken

bermudas am brunnenstängel



hirtenflöten beschwören andenkühle

trompeten aus petersburg

triumphieren über schwüle luft

neben madonnenmaler zottelhund

zusammengefaltet im mauerschatten

grauhaar mit hut



suche rettung für schweißperlenstirn

im ventilatorenreich hinter thermoplusscheiben

suche kühle im halbdunkel der platanen

segle ab ins land der wasser und biere





schloss bensberg


weißgeschminkte mauern

arme weit geöffnet

hundert fenster schieben brauen hoch

straffe mich unter scharfem blick

lege uniform an und stell mich ins glied

durchzählen hieß es

fahnen flatterten im wind



betrete die welt der endlosen flure

hilft hier ein schrei

der kargen zimmer mit dem schweiß in der luft

und langsam bröselt der putz



rette mich ins fürstengemach

blick über laub und schieferpfannen

am horizont die hörner des doms





mondsichelkentern



mondgondel driftet

durch dunkle lagune

sternenkrokussschimmer

auf weltraumwiese

zikadenlose nacht

taucherglockenstill

leuchtfische

am rande des glases

an bergrücken

kentert stumm

die mondsichel




novemberaugen



wieder ein himmel aus packpapier

wickle vögel und luftige kleider ein

gut verschnüre ich hellere zeit



mit den wolken spielt der asphalt

und der dackel an langer leine

gierig leckt er den himmel auf



laternen stolpern über die straße

aus süßem teig schutzmänner heute

in hohen feuern verbrennen hell

riesenlettern in journalen




kölner dom und blaue moschee


schimmerndes traumschiff in der ferne

deine türme ritzen schwarzes linnen

deine glocken singen bass

schlanke türme tragen nachthaut

raumschiff gelandet auf häuserhügel

der muezzin ruft



setze mich in eine bank

um weltraum zu ertragen

fensterglas glüht

licht will mich entführen

blaue kuppel fängt mich

schuhlosen ein 



menschen zünden kerzen an

falten klamme hände

männer im geschirmten raum

bewegen lippen heben arme



dürfen wir uns trotzdem freuen?

vorbei an flammenden forsythien
den zerbrechlichen blüten der magnolien
dem zarten rosa der zierpflaume
wir erreichen die weißen felder der anemonen -
und sind begeistert

obwohl panzer und kanonen
des neuen zaren
kiew bedrohen mariupol zerstören
kitas und schulen beschießen
kliniken einstürzen lassen -
frauen und männer verabschieden sich 
an der grenze - vielleicht für immer



sechste kriegswoche -
der radfahrer der seinen enkel besuchen wollte


er hatte ihnen versprochen
zum kaffee zu kommen
mit dem enkel einen
stock zu schnitzen

draußen war`s kalt aber es lag kein schnee
er nahm sein fahrrad und fuhr los
entlang der straße jeder sah ihn
auch der schütze vorne am fenster

tochter mit sohn warteten bis zum abend
trauten sich nicht ihm entgegen zu gehen
später erzählten leute
von einem toten radfahrer am straßenrand